Der Inn im Wandel der Zeit

Vom natürlichen Alpenfluss…

Vor gut 150 Jahren, in der Mitte des 19. Jahrhunderts, war der Inn ein vielfältiger, strukturreicher Lebensraum: es gab ruhige, tiefe Kolke, tiefe, schnell durchströmte Außenkurven, flache Rauschen, stille, warme Flachwasserzonen, es gab Nebengerinne unterschiedlicher Breite, Kiesbänke und -inseln, die sich mit jedem Hochwasser verlagerten, die verschwanden oder neu entstanden, es gab ausgedehnte Auen, und viel totes Holz. Die regelmäßigen Hochwasser gestalteten die Flußlandschaft immer wieder neu und hielten sie so am Leben. Und nicht nur das: noch bestand eine durchgängie Verbindung von der Donau bis hinein in die kleinen Nebenbäche des Inns.

…zum energiewirtschaflich genutzten Kanal

Der Land- und Energiehunger des Menschen haben dieses Ökosystem grundlegend verändert: Im Versuch, den Fluss menschlicher Nutzung und Kontrolle zu unterwerfen, wurde ein zwei Kilometer breites Flussbett auf einen monotonen, gleichförmig dahinströmenden Kanal von 150 Metern Breite eingeengt, alle 10 bis 20 Kilometer durchschnitten von großen Kraftwerken. Die Durchgängigkeit des Flußes vom Wiesenbach bis zur Donau wird heute zusätzlich von zahllosen kleineren Wehren, Schwellen und Kraftwerken aller Größen unterbrochen. Allein in Bayern gibt es an allen Fließgewässern ca. 60.000 solcher "Querbauwerke".

Und die Fische?

Das Problem ist: Die Bewohnern dieses Lebensraumes hatten sich über Jahrhunderttausende perfekt an seine ursprüngliche Gestalt und Dynamik angepasst, die innerhalb von lediglich hundertfünfzig Jahren grundlegend verändert und in vielerlei Hinsicht nachhaltig zerstört wurde.

Der Lebenszyklus unserer Flussfische ist auf einen vielgestaltigen Lebensraum angewiesen. Während junge Fische warme, flache Bereiche mit guten Versteckmöglichkeiten und reichhaltigem Nahrungsangebot brauchen, halten sich die erwachsenen Tiere in den tieferen, oft auch schneller durchströmten Bereichen auf. Fische aller Arten und jeden Alters brauchen Rückzugsräume bei Hochwassern oder Einstände für den Winter, wenn ihr Stoffwechsel temperaturbedingt ruhig wird. Vor allem aber brauchen viele unserer typischen Flussfische lockeren Kies für die Eiablage. Die meisten dieser Teillebensräume, gerade jene, die für die jüngeren Altersstufen wichtig wären, sind im Inn nur noch in Rudimenten vorhanden.

Besonderheit Wasserburg

Die Wasserburger Innschleife zwischen Kraftwerk und Umgehungsbrücke ist insoweit eine Besonderheit, als sie als noch relativ naturnaher Abschnitt gilt. Zwar sind auch hier die Ufer größtenteils verbaut, doch die ursprüngliche Gewässerstruktur ist weitgehend intakt geblieben. Dazu hat der Fluss hier nach wie vor seine einstige Strömungsdynamik, bevor er von der Stauwirkung des Kraftwerkes Teufelsbruck von Neuem ausgebremst wird. Das macht diese ca. 3 Kilometer am oberen Inn einzigartig und gibt selten gewordenen Fischarten die Chance auf eine Zukunft. Aber nur, wenn wir ihnen dabei helfen…